D’life: Wenn man Ihre Praxis betritt, fühlt man sich sofort wie in einer Wohlfühl-Oase, kein Zeichen von typischer Zahnarztpraxis. Was war Ihre Intention dafür? Gibt es ein ganzheitliches Konzept in Ihrer Praxis?
Mein Partner Dr. Tam und ich wollten immer eine » Praxis gründen, die nicht auf den ersten Blick nach Zahnarzt aussieht und sich danach anfühlt. Ein Besuch beim Zahnarzt ist für viele Patienten unangenehm genug und man muss sich nicht schon im Wartezimmer gestresst fühlen: auf unbequemen Stühlen sitzen, mit zehn Jahre alten Zeitschriften als einzige Ablenkung, einem staubigen Wasserkühler und mit Kindern, die gelangweilt quengeln. Deshalb haben wir weiche Samtsofas, guten Kaffee, die neuesten Magazine und einen Kinderspielraum, wo die Kleinen vor der Behandlung spielen oder DVDs ansehen können. Das alles gehört zu unserem Praxiskonzept: „Stressfreie Zahnmedizin ... Schönes Lächeln“.
Welche sind aus Ihrer Sicht die größten Unterschiede zwischen der deutschen und der chinesischen Arbeitsweise? War es schwierig für Sie, sich auf die Arbeitsweise in Hongkong einzustellen?
Offen gestanden kann ich das gar nicht richtig vergleichen. Ich habe in Deutschland nie gearbeitet, weil ich sehr bald nach meinem Staatsexamen nach London gezogen bin. Aber generell ist in Hongkong alles viel schneller und es wird sehr hart gearbeitet. Die Arbeitszeiten sind länger, Mittagspause gibt es nicht und am Wochenende wird natürlich auch gearbeitet. Man gewöhnt sich aber daran und es fällt mir jetzt auch wesentlich leichter als am Anfang kurz nach unserer Praxisgründung.
Sie leben seit 2001 mit Ihrer Familie in Hongkong. Wie viel Zeit brauchten Sie, um sich einzuleben?
Da wir vorher in London gelebt haben, waren wir an das Großstadtleben gewöhnt. Aber Hongkong ist doch ganz anders: unglaublich laut und voll. Aufgrund des Platzmangels eine sehr vertikale Stadt, wo man durchaus in den 20. Stock eines Hochhauses muss, um z. B. seinen Friseur zu besuchen. Auch an die Verkehrssituation und das Gedrängel muss man sich erst gewöhnen.
Hinzu kam, dass ich im ersten Jahr nicht praktizieren konnte, da ich erst ein Lizenzierungsexamen bestehen musste. Das war besonders hart für mich, weil ich meinen Beruf sehr liebe. Also ich würde sagen, es hat ein Jahr gedauert, bevor ich mich hier richtig zu Hause gefühlt habe.
Einer Ihrer Schwerpunkte ist die ästhetische Zahnheilkunde. Können Sie Unterschiede im ästhetischen Empfinden zwischen chinesischen und deutschen Patienten feststellen?
Der Trend im Smile Makeover geht generell in Richtung „natürlich ist viel besser“ und „keiner kann es so gut wie Mutter Natur“. Ich würde sagen, dass der lokalen Bevölkerung traditionell nicht so viel an kosmetischen Verbesserungen liegt wie bspw. uns Deutschen. Für die Zukunft sehe ich hier aber einen Aufschwung, da sich gute Zähne auch hier immer mehr zu einem Statussymbol entwickeln.
Gibt es dentale Krankheitsbilder, die in Hongkong häufiger auftreten als in Deutschland?
Ich habe hauptsächlich „Gweilos“, also Nicht-Chinesen, und natürlich sehr viel deutsche Patienten. Ungefähr 40 % meiner Patienten kommen aus Deutschland. Generell kann man sagen, dass Parodontal-Erkrankungen bei Chinesen vergleichsweise häufiger auftreten als bei Europäern, weil die Population eine genetische Prädisposition zu diesem Erkrankungsbild hat.
Welchen Stellenwert hat Röntgen in Verbindung mit der Speicherfolientechnologie für Sie? Sie haben den » VistaScan Mini von Dürr Dental im Einsatz. Weshalb haben Sie sich für dieses System entschieden.
Meiner Meinung nach sind digitales Röntgen und » Speicherfolientechnologie dem herkömmlichen Röntgen aufgrund der besseren Bildqualität, der Archivierungs- und Kommunikationsmöglichkeiten sowie der geringeren Strahlenbelastung weit überlegen. Dürr Dental kenne ich noch aus meinen Universitätstagen in Deutschland. Aber auch hier in Hongkong hat das Unternehmen einen sehr guten Ruf.
Sie erzählten von den sehr eingeschränkten Werbemöglichkeiten einer Zahnarztpraxis in Hongkong. Welche Möglichkeiten gibt es überhaupt?
Werbung ist verboten und wird als Patientendiebstahl bestraft! Die Patienten dürfen bloß nicht wissen, was man kann - völlig lächerlich und altmodisch natürlich. „Word of mouth“ ist aber eine sehr gute Reklame und auf unserer Website haben wir z. B. einen privaten Bereich nur für unsere Patienten. Allerdings ist dieser für jeden zugänglich und wir dürfen auch hier nur sehr generelle Informationen über unsere Praxis herausgeben. Man kann nur hoffen, dass sich diese Restriktionen bald ändern.
Was ist täglich Ihre größte Antriebskraft bzw. was lässt Sie jeden Morgen aufstehen? Was ist die größte Anerkennung, die Ihnen Ihre Patienten entgegenbringen?
Auch nach fast 23 Jahren als Zahnärztin ist die größte Motivation für mich nach wie vor, dass es in unserem Beruf wirklich möglich ist, die Lebensqualität unserer Patienten erheblich zu verbessern. Wenn mich Patienten, die sich vorher geschämt haben, auch nur zu lächeln, jetzt total glücklich anstrahlen, dann ist das die schönste Belohnung für mich.
Bei Ihren vielen Aktivitäten interessiert uns, was machen Sie in Ihrer Freizeit, um sich zu entspannen? Gibt es eine klare Trennung von Freizeit und Arbeitszeit?
Mein Mann hat zu Hause eine strikte fünf Minuten Regel für „dental talk“. Ich liebe meinen Beruf und finde auch auf interessanten Fortbildungen und im Austausch mit Kollegen meine Entspannung. Aber natürlich muss man auch mal „alle Fünfe gerade sein lassen“ - wie wir in Bayern sagen - und das mache ich mit Yoga, Pilates, Kochen und natürlich mit dem Erhalt und der Erweiterung meiner außergewöhnlichen Schuhsammlung.
Vielen Dank, Frau Dr. Hulac!
„Meine Kunden finden das surreal“ Ein Interview mit Idalina Silva aus der Praxis Tam, Hulac & Partners
Idalina Silva arbeitet in der Praxis nicht nur als Dentalhygienikerin, sondern auch als Fotografin.
D’life: Ihre Bilder sprechen eine Sprache: Sie fotografieren mit einer absoluten Leidenschaft. Wie hat sich Ihre Leidenschaft für die Fotografie entwickelt?
Ich liebe es, das Beste in jedem Menschen einzufangen. Es ist für mich eine Herausforderung, wenn Kunden sagen „ich hasse es, fotografiert zu werden“, weil sie in den meisten Fällen vom Ergebnis überrascht sind. Vor Kurzem hat ein Kunde gesagt „es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich ein Foto von mir ansehen kann und dabei ein positives Gefühl habe“.
Sie haben hier in der Praxis ein Fotostudio. Nutzen Sie dieses als Marketing-Tool?
Das Studio wurde ursprünglich eingerichtet, um Fotos von Patienten vor und nach komplexen Behandlungen zu machen z. B. bei Veneers oder kieferorthopädischen Behandlungen. Ich habe Fotografie schon immer geliebt und habe mich sehr über das Studio gefreut. Es war aber nie beabsichtigt, das als Marketing-Tool zu benutzen. In erster Linie bin ich Dentalhygienikerin. Aber es hat sich herumgesprochen und einige meiner Patienten sind durch die Fotografie auf mich aufmerksam worden.
Ist die Fotografie eine Standardleistung für jeden Patienten?
Ich mache nicht von allen meinen Patienten Fotos, aber ich finde jeden Tag bereitwillige Models! Meine Kunden finden das Erlebnis surreal, weil sie nicht erwarten, zur Prophylaxe in die Praxis zu kommen und dann auch gleich ein Fotoshooting zu machen.
Was war Ihr schönstes Erlebnis beim Fotografieren hier in der Praxis?
Mein unvergesslichstes Erlebnis war, als ich ein Foto von einer Kundin während ihrer Schwangerschaft gemacht habe und sie dann sechs Monate später mit ihrer Tochter wieder kam - diese Bilder sind Freude pur!
Vielen Dank für das Gespräch!